DFG-Forschergruppe Natur
print

Links und Funktionen

Navigationspfad


Inhaltsbereich

TP 8: Natur und Gesetz in der englischen Literatur der Frühen Neuzeit: Shakespeare, Milton und Sidney

Prof. Dr. Andreas Höfele

Projektmitarbeiter:
Dr. Björn Quiring
Tabea Strohschneider, M.A.

Studentische Hilfskräfte: Rebecca Faber und Anna Katharina Lauber

Gegenstand des Teilprojekts ist die Relation von Natur und Gesetz in der Literatur der englischen Renaissance. Sein Ziel ist es, anhand der Analyse exemplarischer Texte zentrale politische Spannungskonstellationen der Epoche und die Position der Literatur in diesen Konstellationen herauszuarbeiten. In den vielfältigen Konjunktionen und Disjunktionen von nature und law, so die Ausgangsthese, werden im Jahrhundert zwischen dem Sieg über die Armada und dem englischen Bürgerkrieg tiefgreifende Wandlungsprozesse politischer wie epistemischer Ordnungen fassbar, an denen die Literatur prägenden Anteil hat. Dies wird vornehmlich an Dramen Shakespeares, an Miltons Epos Paradise Lost sowie an Sir Philip Sidneys Arcadia untersucht, deren Lektüre durch die Einbeziehung je relevanter – juridisch-politischer, naturphilosophischer, theologischer wie auch literarisch-poetologischer – Kontexte zu ergänzen sein wird.

Natur und Gesetz (nature und law) gehen frühneuzeitlich vor allem in zwei Diskursfeldern neue Verbindungen ein: dem juridischen, wo neue Konzeptionen des Naturrechts mit der scholastischen lex naturalis in Konkurrenz zu treten beginnen, und dem naturphilosophisch-naturwissenschaftlichen, wo Ordnungsprinzipien und Regularitäten im Reich der Naturphänomene zunehmend als 'Gesetze' bezeichnet werden. Von Hooker bis Hobbes und von Bacon bis Boyle ist England maßgeblich beteiligt an diesen Entwicklungen, die sich einem einsinnigen Modernisierungsnarrativ gleichwohl widersetzen, weil sie sich keineswegs auf eine 'Überwindung' bisheriger Naturkonzepte reduzieren lassen. Vielmehr entsteht eine intrikate Gemengelage von unabgeglichenen Geltungsansprüchen, Konkurrenzverhältnissen und Umbesetzungen, die in den üblichen Schemata eines wissenschaftlichen und gesellschaftlichen 'Fortschritts' nicht aufgehen. Insbesondere gilt dies für die literarischen Verhandlungen von nature und law, die das Teilprojekt erforscht. Ausgegangen wird dabei von der Annahme, dass der Literatur eine nicht bloß rezeptive, sondern eigenständig produktive, wie auch kritisch-reflexive Funktion zukommt. Gerade die fiktionalen Welt- und Gesellschaftsentwürfe der Literatur vermögen den Nexus von Natur und Gesetz disziplinübergreifend zu reflektieren, Kosmologie und Rechtsdenken miteinander zu amalgamieren, aber dabei auch ihre Widersprüche und ungelösten Spannungsverhältnisse hervortreten zu lassen. Mit Shakespeare, Milton und Sidney stellt das Projekt Autoren ins Zentrum der Untersuchung, in deren Werken dies mit besonderer Intensität geschieht; Texte von weltmodellierendem, quasi kosmologischem Zuschnitt, die als Mittlerinstanzen oder Umschlagplätze zwischen heterogenen Diskursen fungieren. Untersucht wird, wie sie mit der Vielstimmigkeit ihrer theologischen, juridischen, ästhetischen wie auch szientifischen Konzeptionen von Natur, Macht und Gesetz den politischen Auseinandersetzungen und Transformationen der Epoche Gestalt geben.