DFG-Forschergruppe Natur
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Macht der Natur - gemachte Natur. Realitäten und Fiktionen des Herrscherkörpers zwischen Mittelalter und Früher Neuzeit

Tagungsband der DFG-Forschergruppe "Natur in politischen Ordnungsentwürfen: Antike - Mittelalter - Frühe Neuzeit", hrsg. von Mariacarla Gadebusch Bondio, Beate Kellner und Ulrich Pfisterer

07.03.2019

Der vorliegende Band nimmt Denk-, Darstellungs- und zugleich Kippfiguren von Natur im Hinblick auf die Bestimmung, Legitimierung und Diskussion von Macht in den Blick: Wie verhalten sich die Vorstellungen von der Natur des Herrschers und der Herrscherin zu anderen Natur-Konzepten? Welche Spannungen ergeben sich zwischen den konstruierten Natur-Idealen und den jeweils konkreten Personen und Institutionen, die Macht ausüben? Wodurch ereignen sich Änderungen und wie lassen sich diese durchsetzen? Und vor allem: Wie sind die Kontingenzen der Natur zu korrigieren und in der medialen Aufbereitung – sei es in Form eines Textes, Bildes, Theaterstücks, Zeremoniells, einer Skulptur oder in der Architektur – zu überblenden, zu idealisieren oder auch zu kritisieren? Besondere Herausforderungen stellen für uns dabei die Erklärungen von Kontinuitäten wie Veränderungen zwischen Mittelalter und Früher Neuzeit dar, aber auch alle Formen von nicht vollständig realisierten und «aufgehenden» oder gar gescheiterten Umsetzungsversuchen einer «gemachten Natur».

Unser Band kann keine umfassende Dokumentation hierzu bieten, aber er liefert Bausteine, indem er bei den beiden Polen «Macht der Natur» und «gemachte Natur» ansetzt und ihre Spannungsfelder auslotet. Wenn wir den Blick auf die Vormoderne, das Mittelalter und die Frühe Neuzeit richten und die Diskurse über Herrschaft sowie die verschiedenen medialen Manifestationen von Herrscherkörpern untersuchen, begegnen wir einer Anthropologie, die uns in vielfacher Hinsicht fremd geworden ist. Die Alterität der vormodernen Herrschaftskonzepte und die ihnen zugrunde liegenden anthropologischen Vorstellungen in die gegenwärtige Diskussion einzubringen, erscheint vielversprechend. Die Schwellensituation im Übergang vom Mittelalter zur Frühen Neuzeit stellt für unsere Fragestellungen ein besonders reiches Untersuchungsfeld dar, weil die neuen Repräsentationsformen der Herrscherkörper – auf unterschiedliche Weise und in ganz unterschiedlichen Medien – auch eine neue (scheinbare) «Naturnähe» einforderten. Diese intensiviert die Spannung zwischen Ideal und «Wirklichkeit» zu einem Zentralproblem von Herrschaft und Herrschaftsrepräsentation.

Micrologus Library 92. Sismel. Edizioni del Galluzzo. 1. Aufl. 2019.

 

Inhalt:

Mariacarla Gadebusch Bondio – Beate Kellner – Ulrich Pfisterer: Macht der Natur – gemachte Natur. Oder: die vielen Körper der Mächtigen

Jan-Dirk Müller: Depotenzierung des Herrscherkörpers

Ricarda Bauschke: Die zerstörten Körper der Sieger. Das Schicksal der Griechen in Herborts Liet von Troye

Larry Silver: Maximizing the Emperor: Portraits of Maximilian I

Jörge Bellin: Heraldische Individualität? Über die Macht der Natur in habsburgischen Herrscherporträts um 1500

Joseph Ziegler: The Ruler’s Body in Pre-Modern Learned Physiognomy

Naïma Ghermani: Die Rüstung: der Heldenkörper des Fürsten?

Andreas Höfele: Monster und Jungfrau Herrscherkörper der englischen Renaissance

Christina Strunck: Weiblichkeit als Makel? Die zwei Körper der Herrscherin

Kay Peter Jankrift: Cor nostrum. Der leprakranke Herrscher und die Vorstellungen über den «Aussatz» in der mittelalterlichen Medizin

Matthias Müller: Der idealbildliche Körper des kranken Königs. Die Staatsporträts des jungen Karls II. von Spanien als Erfindung eines charismatischen Rollenbildes für einen schwachen Regenten

Sergius Kodera: Sexualisierte Herrschaftskörper. Die Fabel von Esel und Löwe in Giordano Brunos Candelaio (1582) als obszöne Allegorese des Kampfes um Vorherrschaft zwischen spanischer und französischer Krone in Italien

Rebekka von Mallinckrodt: Schwimmende Prinzen und schwimmende Revolutionäre. Zur politischen Ikonologie einer Körpertechnik